.   Freeze Frame 587k download Image

Originalformat :
Verleihformat :
Verleihe :

© 1983
9 min 38 sec
Super 8
16mm blow-up
Sixpack Film (Wien)
Canyon Cinema (San Francisco)
      Fast immer sind es einzelne kinematografische Codes, die meine Filmarbeit inspirieren. In Freeze Frame ist es der Titel selbst, das Standbild, und die Frage, inwieweit sich in dieser Formulierung des "eingefrorenen Bildes" nicht viel von der Ideologie Hollywoods verrät: die Idee des kontrollierten Bildes, und damit auch der Beherrschbarkeit von Welt selbst, wie sie im Spielfilm repräsentiert wird.


Peter Tscherkassky

"Freeze Frame ist das beste Beispiel für einen filmischen Signifikanten, dem die Transparenz und Unsichtbarkeit genommen ist. Mehrfach abgefilmte Materialien (eine Baustelle, eine Müllverbrennungsanlage, industrielle Friedhöfe, ein antennen- und zeichenartiges Gestell, das immer wieder umstürzt) werden übereinander belichtet, sodaß sich eine eindeutige Lesbarkeit des Bildes, geschweige denn eine imaginäre Positionierung im Raum der Fiktion erst gar nicht mehr einstellen kann. Diese Art des kalkulierten Bildentzugs wird soweit vorangetrieben, bis der Filmstreifen in der Hitze des Projektorstrahls angehalten wird (daher der Titel) und selbst verbrennt."


Michael Palm

"Der Titel Freeze Frame bezieht sich zum Einen auf den Schluß des Films, nämlich was passiert, wenn ich das Filmbild wirklich "einfriere", den Film während der Projektion anhalte. Und das friert nicht, das schwitzt, verglüht in der Hitze der Projektionslampe. Übrigens ist es ein Arbeiter einer Müllverbrennungsanlage, den man da verschmoren sieht. Zum Anderen meint Freeze Frame die Ideologie, die mir hinter dem Terminus technicus 'Standbild' zu stehen scheint, die Vorstellung von der Beherrschbarkeit des Bildes, das völlig domestiziert wird, voll durchkontrolliert. Das feiert der Spielfilm immer als Tugend. Freeze Frame dagegen birst förmlich vor visuellem Material, mit seinen vielen Mehrfachbelichtungen, d.h. der Film bewegt sich – informationstheoretisch gesprochen – ständig an der Grenze zum bloßen Geräusch hin, um plötzlich mit erkennbaren Bildstrukturen das Thema 'Bild' auf einer metaphorischen Ebene wieder aufzugreifen. Das sind dann etwa Bilder von einer Baustelle in Frankfurt, einer Stadt mit entsetzlichem Stadt-Bild. Im Kontrast dazu Altbauten in Berlin, zum Abbruch bestimmt, wo aber der Kapitalismus noch nicht so ungeschminkt wie in Frankfurt seine städtebaulichen Visionen realisiert hat. Diese Häuser habe ich durch ein Toilettefenster gefilmt. Man sieht sie zu Beginn mit den roten Schlieren drauf, die das Verbrennen vorwegnehmen und am Schluß, wenn der Bildstand verloren geht und so die Häuser zu flattern beginnen. Dann wiederum habe ich kurze Teile meines frühen Films Aderlaß von 1981 abgefilmt, ein paar wenige Sekunden heftigster Aktion, die in Aderlaß selbst beinahe untergehen, und die ich hier leitmotivisch wiederholt einsetze, eine Blutperformance von Armin Schmickl, der sich eine Wunde zufügt und das Blut auf seinem ganzen Körper verschmiert. Das sind private Film-Geschichts-Bilder, die ich mit Pseudo-Geschichtsbildern aus Hollywood kontrastiere, wo der Exzess – hier ein uralter Raubritterfilm – auch schon wieder gezähmt ist, filmisch gesprochen. Ich überblende etwa die statische Aufnahme eines Ritterkopfes mit einer frei bewegten von Armin. Der Film ist voll von Anspielungen auf Versuche, das Bild zu beherrschen und gleichzeitig zu zeigen, wie es sich immer wieder entzieht. Man sieht etwa den Bildstrich, also die Grenze des Bildes und in einer weiteren Wiederholung habe ich von dieser zweigeteilten Aufnahme nochmals den Bildstrich gezeigt, und in dieser Dreiteilung werden die Bildgrenzen selbst zum Teil des Bildes und sind nicht mehr als 'Begrenzung' erkennbar. Dem Filmbild also Eigenständigkeit belassen, auch was unsere Versuche betrifft, alles semantisch zu erfassen, weil einfach viele Motive gar nicht mehr erkennbar sind, sondern abstrakte Lichtgemälde. Die Makrostruktur von Freeze Frame greift ebenfalls die Idee vom abgeschlossenen Bild auf. Mit einer A-B-C-D-C-B-A-Struktur, was die verwendeten Bildmotive betrifft, hat der Film erkennbare Ränder und ein Zentrum, aber auch diese Makrostruktur löse ich auf. Deshalb dieser Schluß, wo sich der 'Rand' selbst zerstört, sich öffnet auf das reine Licht der Projektorlampe zu."


Quelle: "Das Auge sitzt im Kopf. Peter Tscherkassky im Gespräch mit Karl Sierek", in: blimp Nr. 9, Graz 1988; zit. in: Francesco Bono (Hrsg.), "AUSTRIA (IN)FELIX. Kritische Bemerkungen zum österreichischen Film der Gegenwart", Edition blimp, Graz 1992


Freeze Frame wurde vom Centre Georges Pompidou für seine Filmsammlung erworben.
  close