. | Happy-End | 897k download Image | ||
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© 1996 10 min 56 sec Super 8 35mm & 16mm Sixpack Film (Wien) Light Cone (Paris) (16mm) Canyon Cinema (San Francisco) (16mm) |
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Happy-End
ist ein Found Footage Film. Das Ausgangsmaterial zeigt ein Wiener Ehepaar,
das sich in der Zeit von etwa 1965 bis 1980 bei diversen fröhlichen
Feiern mit Stativ und Selbstauslöser selbst dokumentierte.
Gefunden wurde der filmische Nachlaß von Elfriede und Rudolf beim Altwarenhändler. Aus dem Material, das in den ältesten Teilen bis in die frühen sechziger Jahre zurückreicht und dessen jüngste Aufnahmen Rudolfs siebzigsten Geburtstag im Jahr 1980 dokumentieren, hat Tscherkassky jene Teile ausgewählt, die das Ehepaar in den privaten Räumen zeigt. Die ruhigen Einstellungen zu Beginn verdanken sich dabei einem technologischen Fortschritt im Laufe der privaten Filmgeschichte: der Anschaffung eines Stativs. Es verblüfft, wie unbefangen vor allem die Frau die Kamera als stellvertretenden Dritten im Bunde wahrnimmt, mehrmals prostet sie ihr zu, als ginge es neben der aktuellen Feier auch schon um die Vorwegnahme der Freude beim Betrachten des Films. Dieser Riß, der durch die Unmittelbarkeit der festlichen Stimmung geht, fällt natürlich erst dem späteren (zufälligen) Zuschauer auf, aber er ist eine Art Strukturprinzip von Happy-End, der sowohl auf der Tonebene wie auch in der Montage einen doppelten Kursus durchläuft. Wir sehen zuerst das Ehepaar in mehreren Szenen beim Einschenken und Trinken, beim Anschneiden von Kuchen, bei Trinksprüchen. Offensichtlich läuft dazu im Raum auch Musik, denn immer wieder verfällt die Frau in impulsive, tänzerische Bewegungen, zu denen die gegenüber dem Rhythmus des visuellen Geschehens viel schnellere Musik reizvolle Momentsynchronitäten ergibt. Diese Filmmusik, ein Chanson von Annie Cordy mit dem Titel Bonbons, Caramels, Esquimaux, Chocolats (1952), erzählt eine eigene (angeblich wahre) Geschichte von Gaumenfreuden, die sich sogar gegen eine Lustanstalt wie das Kino durchsetzen: Eine Süßigkeiten-Verkäuferin in einem karibischen Kino lenkt durch ihre Schönheit die Blicke der Zuschauer vom Geschehen auf der Leinwand ab, bis sie mit ihren Bonbons genug verdient hat, um sich ihr eigenes Kino kaufen zu können. Gleich dreimal kreuzen sich hier Chanson und Home-movie: Beide berichten von real Geschehenem, beide rücken orale Vernügungen in ihr Zentrum, und beide münden im privaten, eigenen Kino. Die Bewegungen des Ehepaars montiert Tscherkassky in einer Weise, daß das historisch jüngste Material am Anfang des Films steht; dessen Verlauf wird so auch zu einer Rekonstruktion der privaten Filmgeschichte des Paares. Einmal ist unter dem Christbaum sogar ein Schild mit der Jahreszahl 1977 zu sehen, ein Indiz für das Bestreben des Ehepaars, außerfilmische Hinweise, die sonst allenfalls auf der Rollendose notiert werden, in die Erzählung aufzunehmen. Mit der zum Ablauf des Films gegenläufigen Verjüngung der Protagonisten belebt sich auch die Handlungsebene, die Frau vor allem bringt ein gehöriges Schwung- und Drehmoment in das beschränkte Setting, sie spielt Kreisel mit dem Schreibtischsessel, trägt kokett ihre Pelzkappe über den Einmeterlaufsteg zwischen Schrank und Tisch, und sie tanzt. Die "frühe", noch handgehaltene Kamera wird von beiden Partnern abwechselnd bedient, wodurch der zweite Teil von Happy-End möglich wird, in dem Tscherkassky die Bilder von Elfi und Rudolf überlagert: Es ergibt sich eine Zweisamkeit, eine Ergänzungslogik, in der die Eheleute mit ihren Gesten einander zur Hand gehen. Das Trennungsfaktum Kamera, das sie mit Selbst- und Fernauslöser nur in statischen Szenen in die Gemeinsamkeit integrieren konnte, wird hier durch die Nachbearbeitung des Materials in einer imaginären Bewegung überwunden. Die Musik setzt dazu einen wuchtigen Akzent: Michel Chions Requiem aeternam (1972/73) schält sich langsam aus dem noch immer fortlaufenden Chanson heraus und hält zuletzt mit tatsächlich immenser Wucht eine Bewegung der tanzenden Frau, deren Körper sich wie mit einer Aura in den Raum hinein aufzulösen scheint, unmittelbar inne: Die eben noch ausgelassene Bewegung erstarrt zu einem zutiefst mehrdeutigen Moment, der vom Gesichtsausdruck beinahe an Verzweiflung denken läßt, von der Musik her eher an ein modern verfremdetes, barockes Vanitas-Motiv, das der österreichischen Tradition nie verlorengegangen ist. Dessen Reibung mit der sinnlichen Gewißheit des Augenblicks beim Trinken eines Eierlikörs bedenkt der Film Happy-End in einer vor allem auf der Tonebene weit ausholenden Bewegung."
Mit Unterstützung von "hundertjahrekino" und des BMfWF+K. Happy-End wurde in die Filmsammlung der Goethe-Universität in Frankfurt/Main aufgenommen. Happy-End wurde an folgenden Festivals gezeigt: Rotterdam 1997 26. Int. Filmfestival (NL) |
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