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© 1997/98
2 min 09 sec
35mm/CinemaScope
35mm & 16 mm
Sixpack Film (Wien)
Light Cone (Paris) (16mm)
      Zunächst zeigt L'Arrivée die Ankunft des Filmstreifens selbst. Auf diesem ist – wie 1895 bei den Lumiéres – die Ankunft eines Zuges in einer Station zu sehen. Diesmal allerdings kollidiert der Zug mit einer anderen Lokomotive, was einen gewaltigen Crash bewirkt. Die dritte Ankunft ist jene einer wunderschönen Frau, die den Trümmern entsteigt und von einem sehnsüchtig wartenden Mann in die Arme geschlossen wird – das Happy-End.
Reduziert auf wenige Minuten bietet L'Arrivée eine kurze, präzise Zusammenfassung dessen, was die Kinematographie (nach ihrer Ankunft mit Lumiéres Zug) zu einer Großmacht werden ließ: Action, Emotions. Oder, wie eine amerikanische Hausfrau (zitiert von T.W.Adorno) die Dramaturgie Hollywoods beschrieb: "Getting into the trouble and out of it again."


Peter Tscherkassky

"Aufregend, aber nur schwer zu fassen und zu beschreiben ist L'Arrivée von Peter Tscherkassky. Es scheint, als müßte das Dargestellte, ein Zug, erst mühsam von außen ins Bild finden, er zittert sich regelrecht hinein, als wäre der Film falsch in den Projektor eingelegt und müßte einen Tanz aufführen, um überhaupt 'richtig' gesehen zu werden. Selbst geübte Avantgardefilmbetrachter lassen sich noch für Momente irritieren und in atemlose Erwartung versetzen; nicht weil hier das narrative Kino zum x-ten Mal 'subversiv untergraben' würde, sondern in einer tatsächlich sensuellen Erfahrung verzögerter Wahrnehmung. Materialgewitter, dann steigt Catherine Deneuve aus dem Zug, und ein Mann fällt ihr um den Hals. L'Arrivée ist eine scheinbar einfache, aber vielleicht deshalb noch spannendere sinnliche und intellekturelle Erfahrung in einem."


Christian Cargnelli

"Weiße Leinwand. Tabula rasa. Panavision. L'Arrivée strahlt einen an wie das reine Licht der Projektion, wie das Weiß der Fläche, die auf die Inskription des Filmemachers wartet. Peter Tscherkassky geht in L'Arrivée zurück an den Start, zurück zu lumière und den Lumières, die aus der Ankunft eines Zuges auch einst einen Film gemacht haben.
Dann setzt die Verschmutzung ein, die 'Story', wenn man will: Es rauscht in der Tonspur, es kracht, knistert, dröhnt. Von rechts nähert sich ein Grauschleier, die Perforation eines Filmstreifens. L'Arrivée macht Kino aus Fehlleistungen, aus Entgleisungen: Halbe Bilder – die Nebelbilder einer grauen Delegation auf irgendeinem Bahnhof – dringen in die weiße Fläche ein, laufen von rechts und links zusammen, krachen aneinander, streben wieder auseinander. Das Ursprungsmaterial stammt aus Mayerling (1968), einem Habsburg-Melodram des Briten Terence Young. Die Farbe der Firma Eastman, die hier einmal war, hat der Filmemacher exorziert.
Tscherkassky betreibt drastische Re-Lektüre in CinemaScope: Ein Zug fährt ein, kollidiert mit seiner Spiegelung. Die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen: Tscherkassky hysterisiert die Bilder, läßt sie aus ihrer Sicherheit kippen, kreuzt Tonspuren und Perforationsbahnen, wendet Positives ins Negative, schlitzt sein Material auf, inside out und upside down. Phantombilder: Hinter dem Schleier eines noch immer amoklaufenden Filmstreifens, wie angeschlagen von der Panik der kollabierenden Kinomaschine, taumelt ein Filmstar in den letzten Kuß – Catherine Deneuve steigt aus, ein Mann (Omar Sharif, das klingt wie: j'arrive) eilt auf sie zu, ein Kuß, ein Glück, ein Ende. L'Arrivée ist die Anbahnung eines Films, das mit Lust am Desaster instrumentierte Melodram der verschobenen Schauwerte."


Stefan Grissemann

"Im Filmschaffen von Peter Tscherkassky gibt es ein nachhaltiges Interesse an der spielerischen Auseinandersetzung mit den syntagmatischen Grundeinheiten von Filmerzählungen und mit den Ursprungsmythologien des Kinos. Ein extrem verknappter, pointierter Film wie Shot-Countershot führte uns direkt in die Erzählkonventionen, ein Film wie Motion Picture, der von dem ersten Lumière-Streifen ausging, abstrahierte von dessen Plot und machte die Erzählung strukturell. L'Arrivée ist nach dem extrem komplexen psychoanalytischen Modell von Parallel Space: Inter-View eine Rückkehr zu diesen Miniaturen eines Metakinos: Ein Film findet in seine Erzählung wie die Nadel eines Schallplattenlaufwerks in die Rille (das charakteristische Geräusch ist auf Tscherkasskys Tonspur fast verwechselbar), bzw. der Film muß seine Bahn auf den Schienen erst finden. Inhaltlich: Ein Zug fährt in eine Bahnstation ein, die Erzählung kollabiert in einer handfrakturierten Kollision, die Katastrophe ist aber natürlich nicht das Ende, sondern nur der Übergang zum Kuß. Als wäre der vorerst teuerste Film aller Zeiten, Titanic von James Cameron, implodiert und als Avantgardefilm zurückgekehrt, führt L'Arrivée vor Augen, wo das Kino beginnt: Mit dem Spektakulären, und wo es endet: Mit dem Intimen, mit der Ankunft der schönen Frau (Catherine Deneuve), mit der Konvention. Das Spektakuläre wird aber nicht einfach abgebildet, sondern 'verfilmt' im weitreichendsten Sinn des Wortes: Es wird eine eigene kleine Materialschlacht. Zugleich ist L'Arrivée auch ein Spiel mit den Möglichkeiten des Remakes, insofern Tscherkasskys früher Film Manufraktur nicht nur die metaphorische Bezeichnung für die handwerkliche Technik des Filmemachers ist, sondern tatsächlich ein Werk, in dem sich die Gefahr der Geschwindigkeit schon angedeutet hat: Bewegung endet in der Trägheit oder im Crash – Tscherkassky läßt keinen Zweifel daran, auf welchen Stillstand sich das Kino mit mehr Gewinn hinbewegt."


Bert Rebhandl

"Tscherkasskys L'Arrivée ist ein ursprüngliches Stück Kino. Es thematisiert, was für den Avantgarde-Film selten ist und neues Terrain eröffnet, in CinemaScope zwei Konstanten des Kinematographischen: Der Zug als zentrales Bewegungsparadigma und die Begegnung von Mann und Frau. In der Dunkelkammer wird das belichtete Material auf das zu belichtende gelegt (wie in einem frühen Film Man Rays) – in der Form, daß die Perforationslöcher am Rand zu sehen sind und eine Art Gleiskörper bilden. Der Film, der in die Geschichte eintritt, findet über die Dauer von L'Arrivée sein Bett wie ein Fluß über lange Dauer seinen Lauf – er präsentiert sich als Urform für seine Aufgaben ab 1895. Der Titel gemahnt daran und bestimmt den Punkt, wo die Technik so reif ist, daß die Kinematographie starten kann. Damit thematisiert Tscherkassky auch eine zentrale Beschäftigungslinie der gegenwärtigen Avantgarde-Filmproduktion: den Brückenschlag zu den Anfängen des Kinos."


Bernhard Sallmann, Anmerkungen zum neuen österreichischen Filmschaffen. in: Filmforum – Zeitschrift für Film & andere Künste, Berlin, Heft 14, Nov.Dez. 98

L'Arrivée wurde realisiert mit Unterstützung der Kunstsektion des Bundeskanzleramts,
sowie der Abteilung Kultur und Wissenschaft des Landes Niederösterreich.

L'Arrivée wurde in die Filmsammlung der
Cinematheque Royal Bruxelles aufgenommen.

L’Arrivée wurde an folgenden Festivals gezeigt:


Diagonale 1998 – Festival des österr. Films (A)
Pesaro 1998 – Mostra Internazionale del Nuovo Cinema (I)
Austin 1998 – Cinematexas – Int. Short Film+Video+New Media Festival (USA)
Denver 1998 – Int. Film Festival (USA)
Cork 1998 – 43th Int. Film Festival (IR)
London 1998 – Pandaemonium Festival of Moving Images (UK)
Madrid 1998 – Semana de Cine Experimental (E), 2. Preis
Winterthur 1998 – Kurzfilmtage (CH)
Aix-en-Provence – 16. Festival Tous Courts 1998 (F)
Stuttgart / Wand 5 / 1999 – 12. Filmwinter (D)
Ann Arbor 1999 – 37th Film Festival (USA), Honorable Mention
Bordeaux 1999 – Travaux en courts (F)
Images 1999 – Toronto Independent Film & Video Festival (CAN)
Osnabrück 1999 – Europ. Media Art Festival (D)
Norwegian Short Film Festival 1999 (N)
Hamburg 1999 – 15. Int. Kurzfilm-Festival & No Budget (D)
Uppsala 1999 – 18th Int. Short Film Festival (S)
Charlottes Ville – Virginia Film Festival 1999 (USA)
Wiesbaden – exground on screen 1999 (D)
Bangkok 1999 – Experimental Film Festival (Thailand)
Vevey – Argos 2000 (CH)

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