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© 1999
9 min 58 sec
35mm/CinemaScope
35mm & 16mm
Sixpack Film (Wien)
Light Cone (Paris)
Canyon Cinema (San Francisco)
      Eine Frau betritt ein Haus – zögernd, vorsichtig. Sie bewegt sich auf den Resten jener Erzählung, der sie selber entstammt. Doch diesmal begegnet sie keinem anderen Akteur. Statt dessen bringt sich der filmische Raum selbst ins Spiel. Er holt sich Terrain zurück, das er an die Erzählung verloren hatte.
Outer Space
ist der zweite Teil einer Trilogie, in welcher Möglichkeiten des CinemaScope-Formats ergründet werden. CinemaScope erschließt Bereiche der Leinwand, die von den gängigen Projektionsformaten nicht erreicht werden. Darüber hinaus richtet sich mein Interesse auf jenen Outer Space, der sich jenseits des projizierten Teils des Filmstreifens befindet.
Wie L'Arrivée wurde Outer Space mittels eines archaischen Kontaktkopierverfahrens hergestellt. Diese Technik ermöglicht eigene Weisen der direkten Bearbeitung jedes einzelnen Kaders. Die so geschaffenen Bilder wollen nicht zuletzt in Bereiche führen, in denen die Lust am genuin Filmischen zu Hause ist.


Peter Tscherkassky

"Wie [Peter] Kubelka traktiert auch sein Landsmann Peter Tscherkassky den Zuschauer durch das rohe Gegeneinander von Licht und Dunkel, Ton und Stille. Für seinen überwältigenden CinemaScope-Film Outer Space verwendete er vorhandenes Filmmaterial eines Horrorfilms mit Barbara Hershey, das er mit einem einfachen Leuchtstift in der eigenen Dunkelkammer von Hand auf Schwarzweißfilm kopierte. Nun flieht Hershey vor ihrem Spiegelbild, zitternd und fragil, bis sich das Filmbild in ein abstraktes Hell-Dunkel dekonstruiert. Eine Feier des absoluten Kinos! Der lärmende Lichtton, ebenfalls von Hand kopiert, prüft die Tonanlage des Kinos auf ihre Haltbarkeit. Wäre dieser sensationelle Handmade-Film nach seiner Grazer Premiere (wo er einen Hauptpreis gewann) auch in Oberhausen gelaufen, man hätte kaum das Lied vom Tod des Experimentalfilms anstimmen können."


Daniel Kothenschulte, Im Rhythmus der Bilder – Bestandsaufnahme
nach Festivals in Oberhausen und Graz, Kölner Stadtanzeiger, 6. Mai 1999

"Eine junge Frau, nachts, in einem amerikanischen Spielfilm: Sie betritt ein Haus, einen dunklen Korridor, einen Thriller. Während sie, gemeinsam mit dem Zuschauer, wie in Trance in einen unbekannten Raum eindringt, entgleist das filmische Abbildungsverfahren um sie herum: Die Räume, die sie durchquert, greifen ineinander, verschwimmen, während das Knacksen der Schnittstellen und das Grundrauschen der Lichttonspur, der Klang des Filmmaterials an sich, immer lauter, eindringlicher wird.
Die Dinge überstürzen sich: Die Frau sieht sich in die Enge getrieben, verfolgt von unsichtbaren Gegnern, sie wird gegen Spiegel gedrückt, Glaswände bersten, Möbel kippen, und der Kinoapparat, auf den die Heldin blindwütig einzuschlagen beginnt, wird selbst in Mitleidenschaft gezogen – der Lauf der Bilder gerät ins Stocken, die Perforation des Filmstreifens kippt ins Bild, die Tonspuren stürzen von außen herein, in ein irrlichterndes Vernichtungsszenario, wie es in dieser Schönheit nur das Kino hervorzubringen vermag. Peter Tscherkasskys Outer Space ist eine vehemente Relektüre gefundener Kinobilder, die Revision eines 18 Jahre alten US-Horrorfilms mit Barbara Hershey. In zehn Minuten rast Outer Space durch die ungeahnten Möglichkeiten filmischer Fehlfunktionen: ein heftig akklamierter Höhepunkt dieses Filmfestivals."


Stefan Grissemann, Rituale, Detonationen, Sehenswürdigkeiten,
Die Presse, 20. März 1999

"Peter Tscherkasskys auch beim Publikum begeistert aufgenommener
Outer Space ist das erstaunliche Produkt eines von der faszinatorischen Dimension des Kinos Besessenen. In einem aufwendigen Kontaktkopierverfahren destillierte der Found-Footage-Spezialist aus einem gefundenen B-Picture vom Anfang der achtziger Jahre Bildkader für Bildkader die Essenz der Bildräume, in denen sich eine Frauenfigur als Objekt des Horrors verfängt. Dezentrierungen, Spiegelungen, Umkehrungen und Vervielfältigungen auch in der Tonbearbeitung weisen ständig über den Bildrahmen hinaus. Im CinemaScope-Format entwickeln sich so Verdichtungen von außergewöhnlicher plastischer Schönheit, denen zugleich die Fähigkeit des filmischen Denkens eigen ist."


Christa Blümlinger, Diagonale zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit,
Neue Zürcher Zeitung, 9. April 1999

"Den besten neuen Film steuerte Peter Tscherkassky bei: Outer Space, Gewinner des 'Diagonale-Preises für innovatives Kino'. Zehn Minuten in Schwarzweiß und CinemaScope, ein Horrorfilm mit Barbara Hershey, bearbeitet nach allen Regeln der Kunst eines Filmemachers auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung: On und Off, ganz laut und ganz leise, sehr hell und sehr dunkel, ein Tanz der Gesichter und Spiegelungen, ein im wahrsten Sinn des Wortes erschreckender Film, in dem es kracht und blitzt und flackert, in dem die gepeinigte Protagonistin Ort und Halt verliert und wir mit ihr. Materialgewitter und bebende Perforation. Und Pausen, Momente des Innehaltens, die die überwältigende sensuelle Wirkung nur noch verstärken. Ein Fest für Augen, Ohren, Herz und Hirn, mit einem Wort: ein Meisterwerk."


Christian Cargnelli, Blinde, Blade, B'soffene, Falter 12/99

"Das herausragende Filmereignis dieser 'Diagonale' wurde mit dem Preis für innovatives Kino bedacht: Mit beinahe bedrohlich wirkender visueller Energie demontiert Peter Tscherkassky in Outer Space das geschlossene System Film. Ausgangsmaterial ist ein Horrorfilm mit Barbara Hershey, in dem sie Attacken eines Poltergeistes ausgesetzt ist. Bei Tscherkassky dringt statt des Geistes der sie umgebende Raum auf die Filmkader ein. Hershey setzt sich gegen den Eindringling zur Wehr. Indem sie sich den Weg aus dem Film freikämpft, zerschlägt sie das Bild, das sich der Zuschauer von ihr gemacht hat und läßt diesen mit der weißen Leinwand allein zurück."


Gregor Stadlober, Stärke und Schwäche des österreichischen Films,
Neue Zeit, 23. März 1999

"Mit Peter Tscherkassky, dem heurigen Preisträger für innovativen Film und seinem Dekonstruktions-Meisterwerk Outer Space, dessen auf die Zuschauer übertragenen Interesse auf 'jenen Outer Space, der sich jenseits des projizierten Teils des Filmstreifens befindet' (Tscherkassky) sei einer für viel genannt, die im Avantgardebereich Weltformat erreichen – österreichischer Film, der nicht 'österreichert', aber dennoch (und deshalb) unverwechselbar ist."


Kurt Hofmann, Soll und Haben, Die Linke, 16. April 1999

"Peter Tscherkasskys Outer Space arbeitet sehr speziell am Spielfilm: Ein US-Horrorfilm liefert das Ausgangsmaterial für Tscherkasskys Bearbeitungen, die den Bildträger und die Erzählung des Films gleichsam umformen bzw. das eine ins andere hinüberträgt, klassische Dramaturgien aushebelt und jene unsichtbare Macht, die im Horrorfilm eine Frau bedroht, in eine furiose Materialschlacht in CinemaScope verwickelt. Unter allen Beiträgen der 'arrivierten' Avantgardisten war Outer Space der beeindruckendste, dichteste."


Isabella Reichert, Kino auf versehrtem Terrain,
Der Standard, 22. März 1999

"Als einer der Höhepunkte des diesjährigen Festivals ist der zehnminütige Experimentalfilm Outer Space von Peter Tscherkassky zu nennen, der für diese Arbeit mit dem Diagonale-Preis für innovatives Kino ausgezeichnet wurde. Tscherkassky lotet nicht nur das Medium Film in bezug auf sein Material aus, sondern erzählt eine alte Genregeschichte mittels Found Footage neu und mit enormer sinnlicher Intensität. Im 18 Jahre alten US-Horrorfilm mit Barbara Hershey wird eine Frau von einem Poltergeist bedroht. In Outer Space wird der Film selbst zum Aggressor. Die Räume verschwimmen und verdoppeln sich, das Rauschen der Lichttonspur schwillt an, die Perforierung des Filmstreifens kippt in den Film hinein. Der Horror und die Bedrohung überträgt sich auf die ureigenste Grundsubstanz des Films."


Karin Cerny, Unterwegs in die Gegenwart,
Literaturhaus online, 21. März 1999

"Unter den aktuellen Beiträgen ragte vor allem eine Arbeit heraus: Peter Tscherkasskys Nachbearbeitung eines US-Horrorfilms erzeugte eine beklemmende Atmosphäre, die die gewohnte filmische Wahrnehmung spektakulär durchbrach."


Andreas Kneubühler, Vom "Outer Space" ins Vaterherz,
St. Galler Tagblatt, 24. März 1999

"Outer Space heißt Peter Tscherkasskys zweiter CinemaScope-Film. Im ersten, L'Arrivée, kam im Vorjahr das Kino an – mit einem Bild vom Zug, der einfährt und mit seinem Double kollidiert – , bevor es dann doch noch ein Happy-End gibt. Outer Space thematisiert nun den Außenraum, das Off, das Diesseits der Bilder, dessen (ideologische) Wirkkraft den Bildern innewohnt. Outer Space basiert auf einem US-Horrorfilm. Eine Frau (Barbara Hershey) wird in ihrem Haus einer unsichtbaren, aggressiven Macht ausgesetzt und zugleich, doppelt gefangen, dem Blick des Publikums. Outer Space versetzt diese Konstruktion, die prototypisch ist für Geschlechterhierarchien und das Blickregime des klassischen Kinos, in heftige Bewegung, räumt der Heldin die Verkehrung der Verhältnisse ein. Das Haus wird abgehoben (wie einst die Farm von Dorothy im Zauberer von Oz). Die Heldin geistert gleich mehrfach durch wässrige, flackernde Schwarzweißbilder, alles stürzt und fällt und explodiert, Perforation und Tonspur liefern einander wilde Kämpfe (…). Die Geschichte löst sich auf in einem Blick der Frau, der standhält."


Isabella Reichert, Home alone, Falter 14/99

"Die Ahnung eines Horrorfilms, lauernde Gefahr: Ein Haus, nachts, im Blick der Kamera leicht verkippt, taucht irrlichternd aus tiefem Schwarz auf und darin wieder ab. Eine junge Frau setzt sich langsam in Bewegung, auf das Gebäude zu, betritt es, die Schnittstellen des Films knacksen, die Tonspur knarrt, gedämpft, erstickt. Gefundenes Material, Hollywood 1981, ist die Basis dieses Films. Die Gestalt, die durch die Bilder schleicht, geschleudert wird und gegen sie schlägt, heißt Barbara Hershey. Tscherkasskys dramatisches Recycling, die Neuabtastung und Umbelichtung des Materials, Kader für Kader, schiebt die Bilder und die Räume ineinander, entzieht dem Betrachter jeden Boden und spaltet die Gesichter, wie im bösen Traum.
Aus dem Off, dem outer space, dringt Wesensfremdes in die Bilder, und die Montage wird darüber panisch. Die Außengrenzen des Filmbildes, die leere Perforation und die Skelette der Lichttonspur, proben die Invasion: Sie durchlöchern die ohnehin unterminierte action des Films, das Kino zerreißt sich selbst, getrieben von der Aussicht auf eine letzte Ekstase. Glaswände bersten, Möbel kippen; Tscherkassky bedrängt seine Heldin, treibt sie zum Äußersten: Immer wieder, so scheint es, schlägt sie gegen die Kinomaschine, bis die Bilder zu stottern beginnen, aus der Fassung geraten. Outer Space, ein Schocker filmischer Fehlfunktionen, ein hellraiser des Avantgarde-Kinos, beschwört ein Inferno herauf, das seine Vernichtung (der Erzählung, der Illusion) mit ungeahnter Schönheit betreibt."


Stefan Grissemann

Outer Space wurde realisiert mit Unterstützung der Kunstsektion des Bundeskanzleramts, sowie der Abteilung Kultur und Wissenschaft des Landes Niederösterreich.


Sense of Cinema
Outerspace: The Manufactured Film Of Peter Tscherkassky



Outer Space wurde an folgenden Festivals gezeigt:

Diagonale 1999 – Festival des österr. Films (A), Preis Innovatives Kino
Austin 1999 – Cinematexas – Int. Short Film+Video+New Media Festival (USA), Gecko Jury Award for Best Short Film und Audience Award Best Film of the Festival
New York 1999 – 37th Film Festival (USA)
Denver 1999 – Int. Film Festival (USA)
Cork 1999 – 44th Int. Film Festival (IR)
Charlottes Ville – Virginia Film Festival 1999 (USA)
Leipzig 1999 – 42. Int. Festival für Dokumentar- u. Animationsfilm (D), Sonderpreis für Innovation
VIPER 1999 – Int. Film Video u. Multimedia Festival Luzern (CH)
New York 1999 – Shorts International Film Festival (USA)
Winterthur 1999 – Kurzfilmtage (CH)
Madrid 1999 – Semana de Cine Experimental (E)
film+arc.graz 1999 (A)
Viareggio 1999 – Europa Cinema & TV Film Festival (I)
New York Expo of Short Film & Video 1999 (USA), Bronze Award for Experimental
Black Maria Festival 2000/New Jersey (USA), Juror's Choice Award
Sundance Film Festival 2000 (USA)
Rotterdam 2000 – 29. Int. Filmfestival (NL)
Clermont-Ferrand 2000 – 12. Festival de Court Metrage (F)
Windsor 2000 – Media City 6 (CDN), Jury Grand Prize
Palermo 2000 – l'immagine leggera – Int. Videoart, Film & Media Festival (I), Zweiter Preis
Ann Arbor 2000 – 38. Film Festival (USA), Best Sound Design
Humboldt 2000 – Int. Film Festival (USA)
Zürich 2000 – VIDEOEXperimental Video & Film Festival (CH)
San Francisco 2000 – Golden Gate Award Int. Film Festival (USA), Golden Spire Award (Cat. New Visions) und Golden Gate Award for Best Short Film
Osnabrück 2000 – Europ. Media Art Festival (D)
Utrecht – Impakt 2000 (NL)
Seattle 2000 – Int. Film Festival (USA), Honourable Mention
Seoul – Indie Forum 2000 (Korea)
Bamberg 2000 – Kurzfilmtage (D), Preis der Filmvorführer
Toronto 2000 – Worldwide Short Film Festival (CAN)
Seine-St.Denis – Côté court 2000 (F)
Hamburg 2000 – 16. Int. Kurzfilm-Festival & No Budget (D)
Grimstad 2000 – The Norwegian Short Film Festival (N)
Barcelona 2000 – Sonar Int. Festival of Advanced Music + Multimedia Arts (E)
Nantucket 2000 – Film Festival (USA)
Teplice 2000 – Int. Art Film Festival Trencianske (SK)
Pesaro 2000 – Mostra Internazionale del Nuovo Cinema (I)
Vila do Conde 2000 – 8. Festival Int. de Curtas-Metragens (P)
Sao Paulo 2000 – Short Film Festival (BR)
espoo ciné (FIN)
Vevey – Argos 2000 (CH)
The International Festival of New Film, Split (Kroatien)
19th Uppsala International Short Film Festival (S)

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